Der Drache von Geldern
Die Burg Geldern
Im Mittelalter ragte am Rand der Stadt Geldern ein großer Turm empor. Er war rund und massiv. Niemand konnte ihn übersehen. Der Turm gehörte zur Burg Gelre. Nach ihr hat die Stadt Geldern ihren Namen erhalten.
Heute gibt es diese Burg nicht mehr - doch über ihre Entstehung wird immer noch häufig gesprochen. „Kennst du die Sage vom Drachen von Geldern?", fragten die Menschen. Dann erzählte einer von ihnen abends, wenn sie gemütlich zusammensaßen, die Sage über zwei tapfere Ritter und einen gefährlichen Drachen.
Der Drache im Sumpf
Dort, wo heute die Stadt Geldern liegt, war früher ein großes Sumpfgebiet. Vor über tausend Jahren lebte ein Drache in diesem Sumpf. Es war ein fürchterliches Tier. Sein Atem roch so schrecklich, dass alles in seiner Umgebung widerlich stank.
Er fraß Menschen und Tiere. Alle hatten fürchterliche Angst vor ihm. „Geh bloß nicht in den Sumpf!“, riefen die Menschen sich zu. „Der schreckliche Drache frisst dich mit Haut und Haaren auf!“ Vor allem die Kinder hatten Angst. So hielten sich die Menschen vom Sumpf fern.
Pont in Angst
Am meisten litten die Bewohnerinnen und Bewohner von Pont unter dem Ungetüm. Pont grenzte an das Sumpfgebiet, in dem der Drache lebte. Oft kam er auf seinen Raubzügen hungrig dort vorbei.
Die Menschen konnten nachts die glühenden Augen des Drachens von Weitem sehen. „Der Drache, der Drache!“, riefen sie voller Panik. Wer dann noch nicht zuhause war, rannte in seine Hütte und verrammelte die Tür. So lebten die Ponter in ständiger Angst vor dem schrecklichen Biest.
Wichard und Lupold
„So kann das einfach nicht weitergehen“, sagte der Herr von Pont zu seinen beiden Söhnen. Sie hießen Wichard und Lupold. Beide waren groß, stark und kampferprobt.
„Lass uns den Drachen besiegen!“, rief Wichard seinem Bruder zu. „Ja!“, antwortete sein Bruder. „Dann können wir wieder frei und unbesorgt leben.“
Als der Abend kam, nahmen die tapferen Ritter ihre Waffen. Im Schutz der Dunkelheit schlichen sie zum Unterschlupf des Drachens. Der lag ruhig unter einem Mispelbaum. Seine feurigen Augen leuchteten Wichard und Lupold den Weg.
Der Kampf
Wichard und Lupold griffen den Drachen an. Das große Tier wehrte sich. Es schlug mit seinem langen Schwanz nach den Rittern. Das Biest spuckte Feuer. Schreckliche Geräusche tönten aus seinem Maul. Der Drache kämpfte um sein Leben.
Der fürchterliche Kampf dauerte lange an. Doch dann lag die Bestie endlich am Boden. „Gelre, Gelre, Gelre!“, tönte es aus dem riesigen, stinkenden Schlund des sterbenden Drachens.
Die beiden Ritter waren erleichtert. „Wir haben den Drachen besiegt“, fielen sie sich jubelnd in die Arme.
Freude in Pont
Stolz gingen Wichard und Lupold zurück nach Pont. Alle freuten sich sehr, als die beiden unversehrt wieder nach Hause kamen. „Wie habt ihr das geschafft?“, riefen die Menschen aufgeregt. „Wir sind euch so dankbar“, jubelten sie. Einige hatten Freudentränen in den Augen. Sie konnten es kaum glauben, dass das schreckliche Biest endlich tot war. „Nun können wir wieder ruhig schlafen“, sagten die Menschen, „und unsere Kinder müssen nachts keine Angst mehr vor dem Drachen haben.“
Eine Burg
Wichard und Lupold beschlossen gemeinsam mit ihrem stolzen Vater eine Burg zu bauen. „Sie soll genau an der Stelle stehen, wo der Drache gehaust hat“, sagte Wichard.
Mit den Bewohnerinnen und Bewohnern von Pont legten sie das Sumpfgebiet trocken und bauten die Burg. Die Brüder benannten sie nach dem Todesschrei des Drachens Burg Gelre.
Um die Burg siedelten immer mehr Menschen. „Es ist schön hier“, sagten sie und ließen sich nieder. Irgendwann waren es so viele, dass eine Stadt entstanden war. Sie trug den Namen der Burg Gelre und wird heute Geldern genannt.