Am Bär in Rees spukt es
Spanische Soldaten in Rees
Vor 500 Jahren gab es einen großen Krieg. Mit ihm kamen spanische Soldaten an den Niederrhein. Auch die Stadt Rees wurde von den Spaniern erobert.
Damit ihnen niemand die Stadt wieder wegnahm, bewachten die Spanier Rees gut. Überall an den Wällen, die zum Schutz und zur Verteidigung um die Stadt führten, hatten sie Wachposten aufgestellt. In der Dunkelheit war die Gefahr überaus groß, überfallen zu werden. Deshalb sollten die Nachtwachen besonders aufmerksam sein und mit offenen Augen nach Feinden Ausschau halten.
Der verkleidete Hauptmann
Der Hauptmann - so nennt man den Anführer der Soldaten - befürchtete, dass sich die Wachen leicht erschrecken und vertreiben lassen würden. Er beschloss zu prüfen, wie ängstlich seine Soldaten waren. Er nahm ein Bärenfell und verkleidete sich als Bär. Dann schlich er heimlich auf den Wall. Oben angekommen sah der Hauptmann, dass die Soldaten ruhig auf dem Wall auf- und abgingen. Aufmerksam beobachteten sie das Land um die Stadt herum, wie er es von ihnen verlangt hatte.
Hilfe, ein Bär!
Plötzlich entdeckte ein besonders aufmerksamer Soldat den Bären. „Hilfe, ein Bär!“, rief er so laut, dass es alle hören konnten. Voller Angst liefen die Soldaten davon. Sie rannten um ihr Leben. Nur ein Soldat blieb stehen. Der Bär näherte sich ihm brummend auf zwei Beinen. Doch der Soldat hatte keine Angst. Er war in Spanien schon oft auf Bärenjagd gewesen und wusste, was zu tun ist. Er kniete sich hin, legte das Gewehr an und schoss. Der Bär fiel getroffen zu Boden.
Ein großer Schreck
Der Soldat war stolz. Alle seine Kameraden waren weggelaufen. Nur er hatte nicht die Flucht ergriffen, sondern sich der Gefahr gestellt. „Ich habe den Bären erschossen“, rief er stolz. Doch als der angeschossene Bär vor Schmerzen schrie, bekam der Soldat einen großen Schreck. Das war kein Schmerzensschrei eines verwundeten Tieres. Es war ein Mensch, der schrie. Der Soldat näherte sich der Gestalt im Bärenfell. Tief betroffenen sah er, dass es sein Hauptmann war. Eingewickelt in ein Bärenfell lag er nun am Boden.
Ein rastloser Geist im Bärenfell
Am nächsten Morgen erfuhren alle Soldaten vom tragischen Tod des Hauptmanns. Sie waren erschüttert und hatten Angst. Der Geist des toten Hauptmanns, so dachten die Soldaten, würde im Grab keine Ruhe finden. „Der tote Hauptmann wird jede Nacht um die Mitternachtsstunde als Bär verkleidet auf dem Wall umhergehen“, erzählte man sich. Niemand von ihnen wollte noch nachts auf dem Wall Wache halten.
Am Bär spukt es
Die tragische Geschichte vom toten Hauptmann im Bärenfell verbreitete sich in Rees wie ein Lauffeuer. Ebenso wie die Soldaten, glaubten auch die Einwohnerinnen und Einwohner von Rees, dass der Hauptmann nachts auf dem Wall umhergeisterte. „Am Bär spukt es“, erzählten man sich. „In mondhellen Nächten um Mitternacht schwankt ein Wesen halb Mensch halb Tier über den Wall und findet keine Ruhe.“ Allen gruselte es, wenn sie an das Ungetüm dachten.